Kolumne 4: Machtlose Kompetenzen

Ich habe es mir nicht nehmen lassen, in meinem Schulzimmer einige Weisheiten von Thomas Meyer aufzuhängen. Nicht unbedingt, weil ich Meyer – kurz vor dem Erscheinen seines Buches, das ihn in den Olymp der Schweizer Literatur erhob – einmal persönlich getroffen habe, um mit ihm über ein Unterrichtsprojekt zu zeitigen, sondern weil mich diese Weisheiten herausfordern und mein Denken anregen und bereichern. Gerade in meinem Alltag als Lehrer.

So hängen sie also in meinem Schulzimmer. Sie interessieren die Schüler zwar wenig, aber mit diesen Weisheiten verhält es sich wie mit Bildern, die man zu Hause hängen hat: Sie hängen dort auch nicht für die Besucher, sondern für einen selbst. So hängen also Sätze an dieser Wand wie:

«Man bewahre sich die Fähigkeit, über sein Verhalten zu erschrecken.»

«Recht zu haben fühlt sich grossartig an und ändert doch nichts.»

oder: 

«Chefsessel sind anspruchslose Möbel.»

Beim Betrachten dieses Satzes wird mir immer deutlich in Erinnerung gerufen, dass Lehrer – trotz des beliebten Bonmots einiger Pädagogen: Le roi – c’est moi – keine wirklichen Chefs sind, denn Lehrersessel sind doch ziemlich anspruchsvoll und oft auch nicht bequem. Mein Lieblingszitat ist und bleibt aber dieses:

«In wem man mühelos das Kind von einst erkennt, der ist meist ein angenehmer Mensch.»

Und oft habe ich den Eindruck und das starke Gefühl, dass unsere Schulen und unser Bildungssystem nichts anderes im Sinn haben, als dieses Kindsein möglichst früh aus den uns anvertrauten jungen Menschen auszutreiben: Und zwar mittels den 363 säuberlich aufgelisteten Kompetenzen im Lehrplan 21. Der Mensch, das Kind als kompetentes Wesen als Maxime also. Da bleibt nicht viel Platz für unbeschwertes Kindsein, kaum Platz, dass unsere Kinder, diese unergründlichen Wesen, ihre Welt nach ihrem eigenen Plan erforschen und damit unsere Erwachsenenwelt bereichern und beglücken mit ihrem Schalk, ihrer Hartnäckigkeit und ihrem Urvertrauen. In einer Welt mit 2304 Kompetenzstufen bleibt erstaunlich wenig Raum für kindliche Neugier und Unvernunft, für kindischen Eifer und Forschungsdrang. Nicht genug Spielraum für ein grandioses Scheitern und ein wundersames Wiederaufstehen.

Diese von den Bildungsbürokraten geschaffene Welt der Kompetenzen ist – buchstabengetreu in den Schulzimmern umgesetzt – deshalb vor allem eines: das Abarbeiten und Besprechen von immer gleichen Kompetenzrastern und bedeutet oft Langeweile und mehr Frust als Lust bei allen Beteiligten.

Natürlich – und das ist das Gute – läuft es in vielen Schulzimmern anders ab. Aber das ist nur möglich, weil viele Lehrerinnen und Lehrer die technokratischen Vorgaben des Lehrplans 21 pragmatisch umsetzen oder auch mal grosszügig umgehen. Vielleicht, weil sie wissen, wie wichtig das Bewahren dieses inneren Kindes ist – auch im Erwachsenenalter – und ein Austreiben dieses kindlichen Charmes deshalb so fatal wäre. Weil sie selbst nicht nur das Kindliche, sondern auch das Kindische bis zum heutigen Tag irgendwo in sich aufbewahrt haben und darum nicht nur angenehme Menschen, sondern auch angenehme Lehrer sind. Auch ich gehöre dieser Gattung Mensch an, die bestrebt und bemüht ist, dass einem dieses innere Kind niemals abhandenkommt. Denn «gegen die Kindischen ist man machtlos».

Um diesen Text passend abzurunden, sei noch ein letztes Zitat erlaubt: 

«In der Schule sollten Selbstachtung, Zufriedenheit und Demut gelehrt werden.»

Wenn solches anstatt steriler Kompetenzen der Kompass an unseren Schulen wäre, wahrlich, es wäre schon viel gewonnen.

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