E-Mail eines mutigen Heilpädagogen an seinen Schulleiter (Kanton Zürich)

14. November 2021

Lieber *

Zuerst möchte ich dir sagen, dass ich deinen besonnenen Umgang mit der ganzen Corona-Saga sehr schätze. Es ist keineswegs selbstverständlich, sondern eher die Ausnahme, wenn ich die Massnahmenwut an anderen Schulen betrachte.

Als * am Mittwoch in ihrer Klasse Masken verteilte, weil ein Schüler in Quarantäne musste (positiv getestete Mutter), und eine Schülerin bei einem Selbsttest positiven Ausschlag hatte, und man nun auf das Resultat eines PCR-Tests wartete, bemerkte * am Ende der Stunde: Die Effektivität des Unterrichts ist unmittelbar in den Keller gesunken.

Dem kann ich beipflichten. Leider ist das noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Ich habe letztes Schuljahr in ** die Auswirkungen des monatelangen Maskentragens erlebt. Es sind zugegebenermassen subjektive Wahrnehmungen – für mich sind sie aber essentiell.

Sucht man nach Synonymen für „maskieren“, findet man: vermummen, tarnen, vertuschen, verschweigen, verdecken, verstecken, verhüllen. Wenn die Schüler Masken tragen, ist die Atmosphäre im Schulzimmer in Watte gepackt. Die Kommunikation wird schon rein akustisch unklar. Die Schüler ziehen sich in ihre Blase zurück und sind schwer erreichbar. Die Feinheiten des Austausches, welche lebendigen Unterricht ausmachen, gehen verloren.

Für meine Beziehungsarbeit als Heilpädagoge ist dies einschneidend. Die notwendige Lockerheit und Unbeschwertheit, Direktheit und Offenheit leidet. Eine bleierne Schwere legt sich über die Seelen. Ich bin geneigt zu sagen: So macht meine Arbeit nicht nur keinen Spass, sondern entbehrt der Sinnhaftigkeit. Mein Unterricht ist, um es mit der Formulierung des Regierungsrates zu sagen, mit Maske „wesentlich erschwert“.

Ich nehme zur Kenntnis, dass u.a. in *s Klasse (wovon ich betroffen bin) bis zum kommenden Mittwoch Maskenpflicht angeordnet ist. Ich werde mich für die kommende Woche damit abfinden, solange ich aufgrund meiner Maskendispens ohne Maske im Klassenzimmer anwesend sein darf.

Falls die Massnahmen ab Woche 47 weitergeführt oder sogar ausgeweitet werden, muss ich dich um Freistellung bitten. Das Tragen eines Faceshields (ob ich das ertragen würde sei dahingestellt) wäre dabei nicht hilfreich, im Gegenteil. Aber danke fürs Angebot.

Unterricht in Kleingruppen, mit nötigem Abstand, aber ohne Masken gemäss Verordnung, wäre eine Möglichkeit. Und/oder Begleitung/Coaching einzelner Schüler via Fernunterricht.

Lässt sich das nicht umsetzen, bin ich bereit, für die Dauer der Massnahmen unbezahlten Urlaub zu nehmen.

Ich danke dir für dein Verständnis.

Mit herzlichem Gruss
*

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