E-Mail an Kreisschulpflege Oberwinterthur betreffend präventive Quarantäne ohne Einzeltestmöglichkeit

2. November 2021

Diese E-Mail wurde im Auftrag des Lehrernetzwerks an den Kreisschulpflegepräsident von Oberwinterthur, Herrn Christoph Baumann von unserem Rechtsvertreter Artur Terekhov versendet:

Sehr geehrter Herr Baumann
 
Als einer der Rechtsvertreter des Lehrernetzwerk Schweiz (dessen Präsident Jerome Schwyzer vorliegend in CC) habe ich von Ihrem heutigen Rundbrief erfahren, welchen Sie in Ihrer Funktion als Präsident der Kreisschulpflege Oberwinterthur verfasst haben und worin Sie die Eltern der Schulkinder in Ihrem Schulkreis über die Vorgaben zum repetitiven Testen informieren. Soweit Sie sich darin auf die V Covid-19 Bildungsbereich/ZH (in Kraft seit 04.10.2021) stützen, sei einleitend festgehalten, dass jene Verordnung nicht Gegenstand dieses Mails ist, bildet diese doch eine – freilich von mir als Rechtsvertreter betroffener Eltern und Lehrpersonen aktuell vor Verwaltungsgericht Zürich angefochtene – auf § 54b GesG/ZH gestützte Vorgabe des Regierungsrats, die gegenwärtig Geltung beansprucht. Damit fokussiere ich nachfolgend auf einen zentralen Punkt, wo Sie eindeutig über die kantonalen Vorgaben hinausgehen und unserer Auffassung nach eindeutig rechtwidrig handeln.
 
Nämlich halten Sie in Ihrem Schreiben fest, dass bei positiven Fällen in Klassen eine Quarantäne gegenüber Kindern verhängt wird, die nicht am repetitiven Testen teilnehmen, wobei eine Befreiung von der Quarantäne selbst durch Einzeltestung nicht möglich sein soll. Hierzu sei festgehalten, dass die Quarantäne nach Art. 35 EpG noch immer eine Individualmassnahme bei erhöhtem Ansteckungsverdacht ist und keine präventive Massnahme gegenüber der Bevölkerung. Zudem bringt sie einen erheblichen Freiheitsentzug mit sich und darf daher nur unter Wahrung der Verhältnismässigkeit angeordnet werden (Art. 10 Abs. 2 i.V.m. Art. 36 Abs. 3 BV). Die von Ihnen vorgesehene Präventivquarantäne – ohne Befreiungsmöglichkeit durch individuellen Einzeltest – ist allerdings nichts anderes als eine Kollektivstrafe gegenüber Kindern, deren Eltern einer Pool-Test-Teilnahme nicht zustimmen. Auf sachliche, medizinische Gründe stützen lässt sich Ihre Vorgabe jedenfalls nicht. Sie mag zwar darauf ausgerichtet sein, Kosten für Einzeltests zu verhindern und die Teilnahmequote bei Pool-Tests zu erhöhen, ist aber mit dem Einwilligungserfordernis für rein präventive Tests nicht zu vereinbaren, da sonst im Ergebnis eine faktische Testpflicht bestünde, um eine äusserst einschneidende Massnahme wie die Quarantäne abzuwenden (vertiefend: Kettiger, Unzulässiges präventives Test-Obligatorium an Schulen, Jusletter Coronavirus-Blog vom 15.02.2021).
 
Damit bitte ich Sie, die bereits sehr restriktiven Vorgaben des Regierungsrats, die weit über die Regelungen in anderen Kantonen hinausgehen, nicht noch durch eine offenkundig rechtswidrige Präventivquarantäne für Kinder, die nicht an repetitiven Tests teilnehmen, zu verschärfen. Ich teile Ihnen mit, dass das Lehrernetzwerk die Lage im bevölkerungsreichen Oberwinterthur beobachtet und sich im konkreten Anwendungsfall rechtliche Schritte explizit vorbehält. Allerdings hoffe ich auf Ihre Kooperation im Sinne der Rechtskonformität und humanistischen Weitsicht. Danke für Ihre Kenntnisnahme.
 
Mit freundlichen Grüssen
 
Artur Terekhov